Lacedelli Free Solo

Der Südtiroler Simon Gietl klettert die Lacedelli (7a, 585m) free solo. Die Pausetour an der Cima Scotoni hat 18 SL und wurde von Lacedelli/Ghedina/Lorenzi 1952 erstbegangen. Am 18.10.20 stieg der Simon Gietl free solo (in freier Kletterei und ohne Seil) durch die 585 Meter lange Route.

Heute beantwortet Simon uns ein paar Fragen dazu:

1. Es ist nach der Can you hear me dein zweiter Alleingang an der Cima Scotoni, was fanziniert dich so an dieser Wand?

Für mich gehört di Cima Scotoni sicherlich zu den eindrucksvollsten Wänden der Dolomiten. Die konstante Steilheit, die ständige Ausgesetztheit und die atheltische Klettteri im steilen orang, gelben und dennoch oft sehr griifigen Dolomit bereitet mir diese Wandimmer große Freude und Genugtuung. Bereits am Beginn meines Kletterlebens stand die Scotoniwand immer ganz oben auf der Alpin – to do – Liste. In ebendieser Wand konnte ich fünf überaus auch sehr ernste Routen wiederholen und drei anspruchsvolle traditionell gesicherte Routen erstbegehen. “Krieger des Lichts” mit Hannes Pfeifhofer, die “Agoge” mit meinem Bruder Manuel und schlussendlich die “Can you hear me” Solo.

2. Warum genau die Lacedelli ?

Die Lacedelli ist “Die” klassische Führe in der Wand. Für mich zählt sie sicherlich zu den schönsten klassischen Anstiegen der gesamten Dolomiten. 2003 wiederholte ich sie das erste Mal. Sie gehörte damals zu den ersten steilen, langen und ständig ausgesetzten Alpinroute, die ich kletterte. Damals war die freie Begehung allerdings noch in weiter Entfernung. Kalte Finger und Muskel und das Adrenalin ließen zu diesen Zeitpunkt noch keine freie Begehung zu. Vor drei Jahren führte ich dann einen Gast entlang der Route auf die Cima Scotoni. Während dieser Begeghung dachte ich mehrfach darüber nach, wie es denn sein würde seilfrei durch diese eindrucksvolle Wand zu steigen.

…und dann?

Konkreter über eine Free Solo Begehung habe ich bei der Eröffnung der “Can You hear me” nachgedacht. Jedes Mal wenn ich in den rechten Wandteil sah, musste ich mir unweigerlich vorstellen, wie es sein würde alleine und ungesichert durch die Wand zu klettern. Das Feuer begann langsam aber sicher zu lodern….

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Nach der Pakistan Expedition wollte ich die “Can You hear me” rotpunkt probieren. Diesem Vorhaben kam alllerdings eine hartnäckige Entzündung dazwischen. Eine Antibiotika Kur über beinahe zwei Wochen ließen die notwendige Kraft und Ausdauer, die für eine durchgehende freie Begehung des Projektes notwendig gewesen wären, rasch schwinden. Das Wetter war allerdings noch sehr spätsommerlich und die Temperaturen erlaubten noch relativ entspanntes Klettern an der Scotoni Wand. So bin ich nochmals mit einem guten freund, Klaus Gruber, die Lacedelli geklettert. Das war der Knackpunkt bzw. jener Moment, wo ich die Überzeugung bekam, dass ich die Route seilfrei klettern werde. Eines war mir immer bewusst. Wenn ich am Einstieg Konzentration, Motivation und die Gefühle im Griff habe, werd ich einsteigen. Die absolute 100% Überzeugung das das Vertrauen in sich selbst mussten stimmen. Schließlich hat es sich im entscheidenden Moment am Einstieg einfach richtig angefühlt. Ich hatte eben das innere Verlangen und Bedürfnis, dieses Erlebnis zu haben.

Wusste Klaus Gruber von deinem Vorhaben?

Nein. Niemand wusste von meinem Vorhaben. Ich habe mit keinem darüber gesprochen oder philosophiert. Nicht einmal mit meiner Frau. Erst im Nachhinein hat mich Klaus darauf angesprochen, dass es ihm komisch bzw. auch irgendwie verdächtig schien, dass ich bei unserer gemeinsamen Begehung, die Schlüsselstelle so penibel und genau inspiziert hatte. Er dacht, es dass ich vielleicht diese Idee hätte, aber wir haben nie darüber gesprochen.

3. Du hast zwar starke Nerven , bist aber nicht so oft free solo unterwegs. Wie hast du dich auf diese Begehung vorbereitet?

Ich habe mit Klaus die Route acht tage vorher geklettert. 5 Tage später bin ich die Route nochmal alleine aber mit Gurt und Seil solo geklettert. Ich hatte mich in zwei Seillängen selbst gesichert und so auch die Schlüsselsequenz einstudiert. Es hat sich alles stabil und sicher angefühlt. Ein gewisses Restrisiko bleibt immer, aber ich war völlig davon überzeugt, das ich die Route Free Solo klettern kann und auch werde.

4. Die Lacadelli hat zwar nur eine wirklich schwierige Seillänge, aber diese soll knallhart und unangenehm sein. Wie ist es dir in dieser Länge ohne Seil ergangen?

Es ging sogar besser, als ich es erwartet hatte. Es gab keinen einzigen Moment, wo ich mir unsicher war oder ins Krübeln kam.

5. Wie ist der Rest der Tour gelaufen?

Es machte mir große Freude und große Genugtuung Meter um Meter höher zu steigen. Irgendwie könnte man von einem gewissen Mix aus Flow und Genuss sprechen. Am ersten Band habe ich eine kurze Pause eingelegt. Sonst bin ich alles relativ zügig durchgestiegen.

6. Du bist ja Familienvater und hast vor kurzem in einem Portrait über dich gesagt, dass du nicht als junger weggehen möchtest. Dennoch bis du in diese doch sehr anspruchsvolle Route eingestiegen? Hast du da nicht doch ein hohes Risiko genommen?

Ja und das ist mir auch bewusst gewesen . Ich versuchte dieses gewisse Risiko so gering wie möglich zu halten und hab mich intensiv mit der Tour auseinander gesetzt besonders mit dem Griffen und Tritten, denrn ich vertrauen musste.
Gefühlt habe ich sicher mehr Risiko auf mich genommen als ich Solo “Can you hear me” eröffnete. Da war auch meine Risikobereitschaft um einiges höher. Das konnte ich damals auch spüren!

7. Wie hast du dich gefühlt als du oben standest der ganze Druck bzw. die Konzentration weg war?

Ich setzte mich hin und genoss einfach die Stille und diese besondere Stimmung, die mich umgab. Erst am nächsten Morgen nach dem Erwachen, realisierte ich, dass das Projekt nun Wirklichkeit geworden war. Es ist wieder Platz für neue Träume, Gedanken und Projekte. Was bleibt ist eine sehr tiefe Erinnerung, die für immer bleibt.

8. Gibt es weitere free solo-Pläne in deinem Leben?

Man spricht nicht von Plänen, man erzählt Geschichten 😉

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